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Schwanengesang - luftig-leicht-laues Ballett


Text: Monika Wogrolly / Living Culture; Fotos: Ian Whalen
Die neueste Ballettproduktion der Oper Graz vereint Schuberts "Schwanengesang" mit einer heiteren Ballett-Performance, in der Tanz und Musik ganz klar die Oberhand haben.

Die Luft riecht nach Regen, aber es ist angenehm lau beim Eintreffen im Grazer Opernhaus vor der Premiere. Ein Maiabend, der nach Frühsommer schmeckt. Heute mal was anderes; das spüren wir förmlich und nehmen zur Einstimmung ein Glas Sekt im Foyer. Die Sitzreihe vor uns bietet noch freie Plätze, sonst ist der Publikumsraum gut gefüllt. Das Ballett von Andreas Heise nach dem gleichnamigen Liederzyklus von Franz Schubert, der „Schwanengesang“ wird empfohlen für Ballettbegeisterte ab 8 Jahren. Und neben uns sitzt ein noch nicht einmal so altes, ich denke fünfjähriges, Kind und verfolgt verzaubert das Geschehen auf der Bühne. Ab und an neigt es sich seitwärts und lehnt sich bei seiner Mutter an. Für jemanden, der lang keine Ballettvorstellung sah, muten das minimalistische Bühnenbild und die unaufgeregt gekleideten, erst beim näheren Hinsehen unkonventionellen Ensemble-Mitglieder eher überraschend (Kostüme: Louise Flanagan) an. Dann nimmt das Ballett seinen Lauf, Schritt für Schritt und pantomimisch. Der Atem stockt, wenn Emiliano Greizerstein am Klavier einfach innehält und man gebannt in die Stille hineinhören kann. Wilfried Zelinka, der seit knapp zwei Jahrzehnten die Grazer Opernwelt maßgeblich prägt, singt, als würde er erzählen, erzählt, indem er singt, erstarrt, friert ein, aber der Gesang zieht ihn und das Ballett scheinbar wie an unsichtbaren Seilen über die Bühne fort.

In seinen letzten Lebensmonaten vertonte Franz Schubert 1828 insgesamt 13 Gedichte von Ludwig Rellstab und Heinrich Heine, wobei der Wiener Verleger Tobias Haslinger noch ein 14. Lied („Die Taubenpost“, auf ein Gedicht von Johann Gabriel Seidl) anschließt, um diese Zusammenstellung unter dem verkaufsträchtigen Titel „Schwanengesang“ noch im Todesjahr des Komponisten zu veröffentlichen. Gerade im Kontrast zwischen dem resümierend-retrospektiven Tonfall der Rellstab-Vertonungen und der neuen Ausdrucksmöglichkeiten der Stimme auskostenden Innovation der Heine-Lieder liegt der Reiz der Lieder, welchen – auch wenn es bloß die Willkür eines Verlegers war – durch „Die Taubenpost“ ein versöhnliches Ende verliehen wird.

Der Premierenabend gipfelt in Standing Ovations. Der kleine Junge neben mir applaudierte und lief mit seinem Rucksäckchen vor mir aus der Dunkelheit des Saales. Für die Dramaturgie verantwortlich zeichnete Bernd Krispin, für die Choreografie Andreas Heise. Ein luftig-leichter Ballettabend im Nachklang, sogar der dramatische Gesang des Tenors wog gar nicht so schwer, weil eins ins andere überlief und mangels mitlaufendem Wording (keine Schrift war eingeblendet) ging man eher in der Musik und Dramaturgie auf als in Worten.

 

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Choreographie Andreas Heise

Kostüme Louise Flanagan

Licht Johannes Schadl

Dramaturgie Bernd Krispin

Gesang Wilfried Zelinka

Klavier Emiliano Greizerstein

Es tanzen Beate Vollack

Fabio Agnello

Michele Tirapelle

Giulio Panzi

Rosa Maria Pace

Yannick Neuffer

Mireia Gonzalez Fernandez

Isabel Edwards

Kirsty Clarke

Ann-Kathrin Adam

Stephanie Carpio

Lorenzo Galdeman

Lucie Horná

Philipp Imbach

Frederico Oliveira

Christoph Schaller

Marina Schmied

Paulio Sóvári

 

 

 

Do 2. Jun 2022

Vorstellung

19:30 bis ca. 20:45, Opernhaus Hauptbühne

Kostenlose Stückeinführung jeweils 30 Minuten vor Beginn im Galeriefoyer.

€ 2 bis € 38 > TICKETS KAUFEN

Mi 8. Jun 2022 > TICKETS KAUFEN

Mi 15. Jun 2022 > TICKETS KAUFEN

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