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Wahl­kampf­auf­takt JETZT — Lis­te Pilz


Text: Lukas Wogrol­ly; Fotos: Living Cul­tu­re
Am Frei­tag, 30. August star­te­te die kleins­te der fünf Par­la­ments­frak­tio­nen mit einer zir­ka ein­stün­di­gen Per­for­mance auf der Wie­ner Maria­hil­fer Stra­ße offi­zi­ell in ihren Wahl­kampf.

Ers­ter Ein­druck: JETZT – Lis­te Pilz, so der offi­zi­el­le Par­tei­na­me, will Nicht­wäh­ler anspre­chen. Eine Art Anti-Estab­lish­ment-Par­tei, wie die Fünf-Ster­ne-Bewe­gung in Ita­li­en, die auf Poli­tik­ver­dros­sen­heit setzt. Men­schen, die die Poli­tik der tür­kis-blau­en Regie­rung der ablau­fen­den Legis­la­tur­pe­ri­ode satt­ha­ben. Die vom Ibi­za-Skan­dal, der ja letzt­end­lich die Koali­ti­on zum Plat­zen brach­te und Neu­wah­len aus­lös­te, genau­so genug haben wie von gekauf­ter Poli­tik.
Die­ser Ansatz über­rascht kei­nes­wegs. Zum einen nicht, weil sich die Par­tei, soll­te sie den Ein­zug in den Natio­nal­rat schaf­fen, ohne­dies zu 100% in der Oppo­si­ti­ons­rol­le sieht. Und zum ande­ren auch des­halb nicht, weil Nicht­wäh­ler sicher das größ­te Poten­ti­al dar­stel­len. Zum Ver­gleich: Die Fünf-Ster­ne-Bewe­gung in Ita­li­en wur­de bei der letz­ten Par­la­ments­wahl mit einer klas­si­schen Gegen-die-Rei­chen-Kam­pa­gne stim­men­stärks­te Frak­ti­on. Davon ist JETZT weit ent­fernt. Sie kämp­fen um jede Stim­me, die Umfra­ge­wer­te sagen 1–2%.
Doch auf­ge­ben wol­len sie nicht. „Egal was die Medi­en schrei­ben oder sagen, jetzt kom­men ohne­hin die TV-Duel­le“, meint Lis­ten­grün­der Peter Pilz. Und: Man habe aus der Ver­gan­gen­heit gelernt. Inter­ne Gra­ben­kämp­fe mit Peter Kol­ba und Mar­tha Biß­mann, der Wech­sel von Alma Zadić zu den Grü­nen und nicht zuletzt das Nicht-Unter­zeich­nen der Unter­stüt­zungs­er­klä­rung durch die aktu­el­len, aber schei­den­den Man­da­ta­re Wolf­gang Zinggl, Bru­no Ross­mann und Alfred J. Noll, hat­ten JETZT wäh­rend der gesam­ten Legis­la­tur­pe­ri­ode vor allem eines schei­nen las­sen: uneins.
All das ist Schnee von ges­tern. So die Mes­sa­ge auf der Büh­ne: Ein Bay­er namens Sebas­ti­an Fran­ken­ber­ger (einst Poli­ti­ker der Öko­lo­gisch-Demo­kra­ti­schen Par­tei in Deutsch­land) der den Ein­peit­scher spielt und im Sti­le eines Ste­fan Raab mode­riert, lus­tig-poin­tiert. Kan­di­da­tIn­nen, die Zusam­men­halt demons­trie­ren und ihre per­sön­li­chen Vor­zü­ge erklä­ren. Auch da ist ein biss­chen Schmäh immer dabei. Auf­fäl­lig: Es sind zwar Kan­di­da­tIn­nen der vor­de­ren Lis­ten­plät­ze, Par­tei­che­fin Maria Stern fehlt jedoch. Juris­tin Susan­ne Giendl, Tier­schüt­zer Mar­tin Bal­luch, Ban­ker Bernd Nuss­bau­mer, Radio­lo­gie-Tech­no­lo­gin Nad­ja Hel­my bei­spiels­wei­se.
Als vor­letz­te spricht die ein­zi­ge Per­son auf der Büh­ne mit Natio­nal­rats­er­fah­rung: Danie­la Holz­in­ger-Vog­ten­hu­ber aus Ober­ös­ter­reich, Ex-SPÖ. Die letz­te und ein­zi­ge der Mit­glie­der des aktu­el­len Par­la­ments­klubs, die den Weg mit dem Lis­ten­grün­der Peter Pilz fort­set­zen möch­te.
Und dann kommt er: Der Ex-Grü­ne, in der Ver­gan­gen­heit nicht unbe­dingt nur posi­tiv auf­ge­fal­len. Bis­her hat er sich die Per­for­mance sei­ner Par­tei, sei­nes Babys sozu­sa­gen, von unten ange­schaut. Aus der Zuschau­er­per­spek­ti­ve. Des­halb habe ich auch bewusst vor­hin geschrie­ben, Danie­la Holz­in­ger-Vog­ten­hu­ber sei zum Zeit­punkt ihrer Rede die ein­zi­ge Per­son auf der Büh­ne mit Natio­nal­rats­er­fah­rung gewe­sen.  Auch sei­ne Rede ist ein Abge­sang der tür­kis-blau­en Regie­rung, eine Kri­tik an so ziem­lich allem was Sebas­ti­an Kurz und Heinz-Chris­ti­an Stra­che gemein­sam mit ihren Par­tei­en in der (ab)laufenden Legis­la­tur­pe­ri­ode geleis­tet haben. Und er betont die Erfol­ge sei­ner Par­tei. Bei­spiels­wei­se, dass die Idee zum Miss­trau­ens­vo­tum gegen Sebas­ti­an Kurz von ihm aus­ge­gan­gen sei und die SPÖ erst nach­ge­zo­gen sei. Auch wenn aus objek­ti­ver Sicht klar ist: Die JETZT-Stim­men waren nicht ent­schei­dend für den Aus­gang. Wenn sie aber zumin­dest als ers­te die Idee hat­ten, ist das frei­lich etwas nicht Unwe­sent­li­ches. Und er spricht auch von sei­ner Ex-Par­tei, den Grü­nen. Eigent­lich nur posi­tiv: Tür­kis-Grün wäre sicher bes­ser als Tür­kis-Blau. Des­halb soll­ten die Grü­nen auch der nächs­ten Regie­rung ange­hö­ren. Und sich dabei ins Zeug legen. Aber genau für den Fall auch, einer tür­kis-grü­nen Koali­ti­on, sei sei­ne Par­tei wich­ti­ger denn je: Denn dann sei nur die FPÖ in Oppo­si­ti­on und es bräuch­te eine star­ke Stim­me der Kon­trol­le die­ser Regie­rung, die eben nicht allei­ne die FPÖ aus­ma­che. Sei­ne Argu­men­ta­ti­on ist ver­ständ­lich, hat jedoch ein klei­nes Man­ko: Bei Tür­kis-Grün gäbe es in Oppo­si­ti­on nicht nur die FPÖ, son­dern auch die NEOS und vor allem die SPÖ. All­ge­mein muss man sagen, dass er bei sei­nen Aus­füh­run­gen zu sehr die SPÖ ver­nach­läs­sigt bezie­hungs­wei­se igno­riert. Eine Gro­ße Koali­ti­on, wie sie in den Medi­en schon man­ches Mal beschrie­ben wird, kommt ihm nicht mal ansatz­wei­se über die Lip­pen. So nach dem Mot­to Gro­ße Koali­ti­on war lang genug und das haben alle satt, und Tür­kis-Blau wegen Ibi­za eben­so. Ganz so ist es nicht. Und dann ist da noch ein wich­ti­ger Punkt: Wem will Pilz Stim­men weg­neh­men? Wenn er sagt, die Grü­nen müs­sen der nächs­ten Regie­rung ange­hö­ren, sicher nicht sei­ner ehe­ma­li­gen Par­tei. Eher schon der SPÖ, aber auf sie ver­gisst er größ­ten­teils in sei­nen Aus­füh­run­gen. Blei­ben als Ziel­grup­pe nur die Nicht­wäh­ler und Poli­tik­ver­dros­se­nen, sie­he Fünf Ster­ne in Ita­li­en. Und zum Schluss – sie­he auch Video – erwähnt er noch Posi­ti­ves. Sei­ne Visi­on von Öster­reich. Die wird er nun im Wahl­kampf zu ver­mit­teln ver­su­chen.


VIDEO: Peter Pilz’ Visi­on von einem bes­se­ren Öster­reich

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