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Zum Ster­ben zu schön — das Bal­lett der dunk­len Traum­welt


Text: Lukas Wogrol­ly, Fotos: Marie-Lau­re Bria­ne
Bei der neu­en Bal­lett­pro­duk­ti­on der Oper Graz ver­schwim­men Ver­gan­gen­heit und Zukunft.

„Zum Ster­ben zu schön“ ist die neu­es­te Bal­lett­pro­duk­ti­on der Oper Graz. Zu sehen ist sie noch bis Ende Novem­ber in einer zir­ka ein­stün­di­gen Per­fo­mance auf der Stu­dio­büh­ne. Gekenn­zeich­net ist die­se Neu­pro­duk­ti­on des nor­we­gi­schen Cho­reo­gra­fen Jo Strøm­gren durch die Ver­schmel­zung, das Ver­schwim­men von Ver­gan­gen­heit und Zukunft. Man steigt hin­ab, hin­un­ter in den fins­te­ren Kel­ler der Stu­dio­büh­ne; auf eine eben­so fins­te­re „Büh­ne“ blickt man, die sich auf einer Ebe­ne mit der ers­ten Zuschau­er­rei­he befin­det. Wie so oft, zuletzt auch bei einer Pro­duk­ti­on in Zusam­men­ar­beit mit der Kunst Uni Graz (KUG) im Mai/Juni, ist alles kom­plett fins­ter und bleibt es auch. Aus dem Off mel­det sich eine Erzäh­ler­stim­me mit Akzent, für den er sich ent­schul­digt. Die­ser Er, den man nie zu Gesicht bekommt, meint, das Stück spie­le im Jahr 2048, wenn Deutsch ohne­hin kei­ne gro­ße Rol­le mehr spie­len wür­de. Und dann tre­ten sie auf, die groß­ar­ti­gen Bal­lett­tän­ze­rIn­nen der Oper Graz, fast alle mit inter­na­tio­na­len Namen, eini­ge spre­chen auch Bun­des­deutsch. Öster­rei­chi­sches Deutsch ver­mis­se ich auf der Büh­ne an die­sem Abend, aber das spielt kei­ne Rol­le. Sie reden immer wie­der wild durch­ein­an­der in unter­schied­li­chen Spra­chen, neh­men je nach Erzäh­lung wil­de, flie­gen­de Rol­len­wech­sel vor und ren­nen „wie wild uma­dum“, wie man auf gut Öster­rei­chisch so sagen wür­de. Ein biss­chen muss man sich wie bei „War Requi­em“ ein­lul­len las­sen von die­ser ein­zig­ar­ti­gen Atmo­sphä­re, den wild umher­hu­schen­den Tän­ze­rIn­nen, der Stim­me aus dem Off und von den vie­len unor­tho­do­xen Objek­ten, wie vor allem die Schutz­mas­ken ganz zu Beginn. Hin und wie­der gibt es auch klas­si­sche Bal­lett­ein­la­gen. Und dann war sie da noch, die Sym­bio­se von Ver­gan­gen­heit und Zukunft. Das Stück spielt zwar angeb­lich im Jahr 2048, also in der Zukunft. Aber es tre­ten als leben­di­ge, spre­chen­de Figu­ren eini­ge Kom­po­nis­ten der Ver­gan­gen­heit auf, wie zum Bei­spiel Franz Schu­bert, Carl Maria von Weber oder Bedřich Sme­ta­na. Dank dem Erzäh­ler weiß man, um wen es sich jeweils han­delt, da auf der Büh­ne aus­schließ­lich ein­heit­lich geklei­de­te Bal­lett­tän­ze­rIn­nen agie­ren. Pas­send dazu gibt es als Unter­ma­lung aus dem Off neben der Erzäh­ler­stim­me ein­ge­spiel­te Musik­kom­po­si­tio­nen, wobei die Kor­re­spon­denz Musik­stück : Büh­nen­per­for­mer nicht 1:1 ist. Also es wer­den sowohl Stü­cke gespielt von 1 Kom­po­nis­ten der nicht auf der Büh­ne auf­tritt als auch umge­kehrt, also 1 Kom­po­nist tritt auf der Büh­ne, nicht aber musi­ka­lisch auf. Die Mehr­heit der Kom­po­nis­ten ist jedoch sowohl musi­ka­lisch als auch als Figur auf der Büh­ne vor­han­den. Die­se Kom­po­nis­ten erwa­chen also zum Leben und sind, sozu­sa­gen, auch im Jahr 2048 immer noch „Zum Ster­ben zu schön“. Ähn­lich wie in „War Requi­em“ tra­gen sie mit bei zur Schaf­fung einer nahe­zu sur­rea­len, etwas beklem­men­den Atmo­sphä­re, deren Sinn wie auch Inter­pre­ta­ti­on sich mir zum Groß­teil ver­schließt. Aber viel­leicht soll die­ses Stück ohne­hin kei­ne ein­deu­ti­ge Deu­tung bie­ten, son­dern viel­mehr einen blei­ben­den Ein­druck hin­ter­las­sen in allen Zuschau­en­den und Zuhö­ren­den. Denn viel­leicht reicht es ja aus, zu ver­ste­hen, wie bereits anfangs geschrie­ben, dass die­ses Stück vor allem eines ist: Eine Ver­schmel­zung von Ver­gan­gen­heit und Zukunft.


Zum Ster­ben zu schön

Bal­lett von Jo Strøm­gren zu Musik von Franz Schu­bert, Robert Schu­mann, Fré­dé­ric Cho­pin und ande­ren

Emp­foh­len ab 12 Jah­ren.

Ein erhe­ben­der Abend, ein Stück über den Tod im roman­ti­schen Zeit­al­ter. Denn Ster­ben und Tod hat­ten damals noch eine ande­re Bedeu­tung, aller­dings mit glei­cher fina­ler Wir­kung. Ein Abend mit schö­nen Klän­gen und noch schö­ne­rer Musik, auch wenn die­se meis­tens in Moll erklin­gen wird. Ein Abend, der sich mit viel­fäl­tigs­ten tän­ze­ri­schen Ele­men­ten vor gro­ßen musi­ka­li­schen Meis­tern ver­neigt: Ihr Leben, ihr Genie, ihr Ster­ben und doch ihre Leben­dig­keit durch ihre Kunst sind Aspek­te von „Zum Ster­ben zu schön“.
„Zum Ster­ben zu schön“ wird noch nach­wir­ken, auch wenn der letz­te Ton schon ver­klun­gen ist. Jo Strøm­gren beschäf­tigt sich tän­ze­risch mit den mög­li­chen künst­le­ri­schen Effek­ten von Krank­hei­ten im roman­ti­schen Zeit­al­ter, ob schmerz­haf­te Schreie oder lieb­rei­zen­de Akkor­de, alles beglei­tet den Tod und das Ster­ben, das ein Teil der Kunst war und ist. Und eben auch ein Teil des Lebens, ob wir wol­len oder nicht.

Beset­zung

Cho­reo­gra­phie Jo Strøm­gren

Büh­ne Jo Strøm­gren

Kos­tü­me Breg­je van Balen

Licht Mar­tin Schwarz

Dra­ma­tur­gie Bernd Krispin

Franz Schu­bert Ste­pha­nie Car­pio

Fré­dé­ric Cho­pin Fabio Agnel­lo

Carl Maria von Weber Phil­ipp Imbach

Robert Schu­mann Isa­bel Edwards

Bed­rich Sme­ta­na Giu­lio Pan­zi

In wei­te­ren Rol­len

Miche­le Tira­pel­le

/

Mireia Gon­za­lez Fer­nan­dez

/

Rena­ta Pari­si

/

Bran­don Car­pio

/

Kirs­ty Clar­ke

/

Isa­bel Edwards

/

Rosa Maria Pace

/

Ann-Kath­rin Adam

/

Fabio Agnel­lo

/

Ste­pha­nie Car­pio

/

Loren­zo Gal­de­man

/

Lucie Horná

/

Phil­ipp Imbach

/

Fre­der­i­co Oli­vei­ra

/

Giu­lio Pan­zi

/

Chris­toph Schal­ler

/

Mari­na Schmied

/

Pau­lio Sóvá­ri

Vor­stel­lun­gen

Di 18. Okt 2022

Vor­stel­lung

20:00 bis ca. 21:00, Stu­dio­büh­ne

€ 25

BESETZUNG

Jo Strøm­gren/Ste­pha­nie Car­pio/Fabio Agnel­lo/Phil­ipp Imbach/Isa­bel Edwards/Giu­lio Pan­zi/Bran­don Car­pio/Mireia Gon­za­lez Fer­nan­dez/Rena­ta Pari­si/Miche­le Tira­pel­le/Rosa Maria Pace/Kirs­ty Clar­ke/Ann-Kath­rin Adam/Pau­lio Sóvá­ri/Chris­toph Schal­ler/Loren­zo Gal­de­man/Lucie Horná/Mari­na Schmied/Fre­der­i­co Oli­vei­ra

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Do 20. Okt 2022

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Fr 28. Okt 2022

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So 30. Okt 2022

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Do 3. Nov 2022

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Sa 5. Nov 2022

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Do 17. Nov 2022

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Sa 19. Nov 2022

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Oper Graz (buehnen-graz.com)

www.oper-graz.com



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