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Rote Abso­lu­te und klei­ner Grü­ner Dämp­fer — Land­tags­wahl im Bur­gen­land


Text: Lukas Wogrol­ly; Fotos: Living Cul­tu­re, APA / Robert Jäger
Die Land­tags­wahl im Bur­gen­land am 26.01.2020 brach­te mit der SPÖ-Abso­lu­ten und nur mini­ma­len Zuge­win­nen für die Grü­nen zwei klei­ne Über­ra­schun­gen. Living Cul­tu­re war zum Wahl­fi­na­le vor Ort in der Lan­des­haupt­stadt Eisen­stadt.

Ähn­lich wie schon Mit­te Okto­ber in Vor­arl­berg, zu lesen hier oder in der Stei­er­mark (hier) oder auch bei der Natio­nal­rats­wahl 2019 https://www.living-culture.at/topics/politics/, beob­ach­te­te ich das Wahl­kampf-Fina­le auch bei der Land­tags­wahl im Bur­gen­land am 26.01.2020. Völ­lig ent­ge­gen­ge­setzt aller bis­her erwähn­ten jün­ge­ren Urnen­gän­ge, ent­sprach das Ergeb­nis der Wahl im öst­lichs­ten und jüngs­ten öster­rei­chi­schen Bun­des­land in meh­re­rer Hin­sicht NICHT dem Bun­des­trend. Doch kom­men wir zunächst zu dem, was ähn­lich war, näm­lich der durch das Ibi­za-Video und die diver­sen Spe­sen­skan­da­le rund um den mitt­ler­wei­le aus der Par­tei aus­ge­schlos­se­nen Ex-Obmann HC Stra­che beding­te Stim­men­ver­lust der FPÖ (-5,25%).
Was jedoch abso­lut nicht dem Bun­des­trend bezie­hungs­wei­se auch nicht dem Trend der Land­tags­wah­len Ende 2019 in Vor­arl­berg und der Stei­er­mark ent­sprach, war ers­tens der nur gerin­ge Stim­men­zu­wachs für die ÖVP (+1,50). Am erstaun­lichs­ten jedoch war die abso­lu­te Mehr­heit für die SPÖ unter dem ehe­ma­li­gen Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter Hans-Peter Dosko­zil (49,94 — +8,02). Dane­ben noch gab es nur mini­ma­le Zuge­win­ne für die Grü­nen unter Regi­na Petrik (+0,29); erwar­tet hat­ten sie sich deut­lich höhe­re Zuwäch­se, die mit einem drit­ten Man­dat ver­bun­den gewe­sen wären. Die­ses ange­streb­te drit­te Man­dat ver­fehl­te die Par­tei von Wer­ner Kog­ler. Und auch für die NEOS bewahr­hei­te­te sich, dass im Bur­gen­land Bund und Land zwei völ­lig unter­schied­li­che Paar Schu­he sind. Denn die seit 2013 durch­ge­hend im Natio­nal­rat ver­tre­te­ne pin­ke Par­tei ver­fehl­te klar und ein­deu­tig mit ledig­lich 1,71% den Ein­zug in den Land­tag Bur­gen­land. Somit blei­ben Kärn­ten (nächs­te Wahl 2023), Ober­ös­ter­reich (nächs­te Wahl 2021) und eben das Bur­gen­land (nächs­te Wahl 2025) die ein­zi­gen wei­ßen Fle­cken auf der pin­ken Öster­reich-Land­kar­te. Last but not least sei noch erwähnt, dass das mit dem Bür­ger­meis­ter von Deutsch­kreutz Man­fred Köl­ly als Spit­zen­kan­di­da­ten ange­tre­te­ne „Bünd­nis Lis­te Bur­gen­land“ nach zwei Legis­la­tur­pe­ri­oden den erneu­ten Wie­der­ein­zug in den Land­tag Bur­gen­land mit nur 1,26% eben­so ver­fehl­te.
Ich durf­te den Wahl­kampf anhand des Besuchs eini­ger Wahl­kampf-Ver­an­stal­tun­gen sehr genau ver­fol­gen.
Begon­nen hat alles kurz nach dem Jah­res­wech­sel, am 3. Jän­ner. Es ist düs­ter und nebe­lig, als ich im Bus von Wie­ner Neu­stadt nach Eisen­stadt fah­re. Auf der gan­zen Stre­cke Wahl­pla­ka­te ohne Ende, die ein biss­chen die graue Nebel­stim­mung mit Far­be erfül­len. Grund dafür ist, dass am 26.01.2020 nicht nur die Land­tags­wahl im Bur­gen­land statt­fand, son­dern auch Gemein­de­rats­wah­len in fast allen nie­der­ös­ter­rei­chi­schen Gemein­den. Dem­entspre­chend wech­seln die Gesich­ter in Nie­der­ös­ter­reich von Ort zu Ort bzw. Gemein­de zu Gemein­de. Doch auch im Bur­gen­land las­sen sich Unter­schie­de aus­ma­chen, denn ins­be­son­de­re die ÖVP pla­ka­tiert auch regio­na­le Spit­zen­kan­di­da­tIn­nen. Stich­wort ÖVP: Es ist ein kal­ter und den­noch hei­te­rer Abend. Der da auf mich war­tet im Restau­rant Hen­ri­ci gegen­über des Schlos­ses Ester­há­zy in Eisen­stadt. Es ist der ÖVP-Wahl­kampf­auf­takt und die letz­te Gele­gen­heit, den Bun­des­par­tei­ob­mann Sebas­ti­an Kurz sowie sei­ne Par­tei­kol­le­gin­nen Eli­sa­beth Kös­tin­ger und Karo­li­ne Edt­stad­ler vor deren Ange­lo­bun­gen zum Bun­des­kanz­ler bezie­hungs­wei­se zu Minis­te­rin­nen am dar­auf­fol­gen­den Diens­tag zu erle­ben. Die Stim­mung ist hei­ter, zunächst gibt es Punsch und Maro­ni noch im Frei­en vor dem hell erleuch­te­ten Schloss. Und dann, kaum wird her­ein­ge­be­ten in die war­me Stu­be des Ver­an­stal­tungs­saa­les, ist die­ser auch schon rap­pel­voll und ganz in tür­ki­sem Licht. Ich kom­me direkt neben der Büh­ne in den Saal und behal­te auch mei­nen Steh­platz, da er mir ermög­licht, extrem gute Fotos aus nächs­ter Nähe zu machen. Der Noch-Nicht-Bun­des­kanz­ler und die Noch-Nicht-Minis­te­rin­nen, war­um nicht. Neben den bereits zuvor erwähn­ten Per­sön­lich­kei­ten spre­chen natür­lich der Spit­zen­kan­di­dat und Lan­des­par­tei­ob­mann sowie Bür­ger­meis­ter von Eisen­stadt mit abso­lu­ter Mehr­heit Tho­mas Stei­ner, sowie mit Cari­na Lascho­ber-Luif eine Ver­tre­te­rin der Bäue­rin­nen und Bau­ern und Mela­nie Eck­hardt eine Ver­tre­te­rin der Unter­neh­me­rIn­nen. Das sind die wich­tigs­ten Red­ne­rin­nen und Red­ner der zir­ka ein­stün­di­gen Büh­nen­show, die ich aus nächs­ter Nähe ver­fol­ge. Vom tür­ki­sen Show­truck, der durch das Bur­gen­land zog, ist die Rede. Und auch vom „Ren­nen bis zum Schluss“ (die­ser Spruch soll­te sich immer wie­der, auch bei ande­ren Par­tei­en, wie­der­ho­len). Zuver­sicht und Mut, das erzeugt die hei­te­re Ver­an­stal­tung. Dann gibt es noch ein Sel­fie von mir mit Eli­sa­beth Kös­tin­ger und Karo­li­ne Edt­stad­ler, tür­ki­se Bald-Minis­te­rin­nen­power im Dop­pel­pack, sozu­sa­gen. Und im angren­zen­den Raum ist ein Buf­fet. Bei Wein und Was­ser gibt es als fes­te Spei­se nur eines: klei­ne Schnit­zel­sem­meln. Nach zir­ka einer wei­te­ren Stun­de ver­las­se ich das hei­te­re Trei­ben in Rich­tung Park­ho­tel. Denn am nächs­ten Tag muss ich früh auf­ste­hen. Um zir­ka vier Uhr mor­gens geht mein Bus nach Wien, von wo es dann zum Grü­nen Bun­des­kon­gress nach Salz­burg geht. Was ich dort erlebt habe, lesen Sie hier.
Doch zurück zur Land­tags­wahl im Bur­gen­land. Nur zwei Tage nach dem 4.1., am Drei­kö­nigs­tag 6.1., keh­re ich zurück nach Eisen­stadt. Doch dies­mal ist alles anders: Kein Bus, son­dern ein Zug von Wien. Das bedeu­tet auch, ich muss berg­auf gehen. Denn der Bahn­hof von Eisen­stadt liegt im Unter­schied zum Bus­bahn­hof nicht zen­tral im Stadt­zen­trum, son­dern etwas tie­fer und etwas außer­halb. Zudem ist strah­len­der Son­nen­schein, kein Nebel. Und ich über­nach­te nicht. Apro­pos Grü­ne: Ja, genau, der Grü­ne Wahl­kampf­auf­takt ist es, der mich am Drei­kö­nigs­tag nach Eisen­stadt führt. Stan­des­ge­mäß mit dem Zug. Und er führt mich hoch hin­auf, an den nahe­zu höchs­ten Punkt von Eisen­stadt, die soge­nann­te Glo­ri­et­te. Dort, am Ende der Glo­ri­et­te­al­lee, liegt hoch über Eisen­stadt das kul­ti­ge Restau­rant „die alm by rabi­na“, an jenem Tag Schau­platz des Grü­nen Wahl­kampf­auf­tak­tes. Auch hier ist eine zukünf­ti­ge Minis­te­rin, näm­lich die bal­di­ge „Super-Minis­te­rin“ Leo­no­re Gewess­ler aus der Stei­er­mark. Dazu die ehe­ma­li­ge Jour­na­lis­tin und nun­meh­ri­ge Grü­ne Natio­nal­rats­ab­ge­ord­ne­te Sibyl­le Hamann, die mode­riert. Und natür­lich das Grü­ne Team im Bur­gen­land mit an der Spit­ze Regi­na Petrik, einer „Zuagros­ten“ aus Wien mit ÖVP-Ver­gan­gen­heit und Nähe zur Kir­che. Auf Posi­ti­on 2 ihr kom­pe­ten­ter und auch zukünf­ti­ger Part­ner im Land­tag, Wolf­gang Spitz­mül­ler. Und dann eben noch bei­spiels­wei­se Frau­en­power mit Manue­la Juric und Anja Hai­der-Wall­ner, für die sich jedoch auf­grund des Wahl­er­geb­nis­ses kein Man­dat aus­ge­hen soll­te. Doch das ist an die­sem Tag natür­lich noch nicht bekannt und somit wird vol­ler Zuver­sicht und unter dem Mot­to „Schie­nen in die Zukunft legen“ ein mun­te­rer und hei­te­rer Auf­takt bei bes­tem Wet­ter mit­ten im Grü­nen in einer ein­zig­ar­ti­gen Loca­ti­on abge­hal­ten. Ein biss­chen frisch ist es, was ich vor allem beim Sel­fie mit der Noch-Nicht-Minis­te­rin Gewess­ler mer­ke. Aber die Stim­mung ist gut und das Veggie-Essen genau­so. Grü­ner Tee nicht zu ver­ges­sen.
Die Grü­nen sind es auch, bei denen ich knapp drei Wochen spä­ter, am 24.01. und somit zwei Tage vor der Wahl, mei­ne Tour der Wahl­kampf-Abschlüs­se begin­ne. Oder eigent­lich begin­ne ich sie tele­fo­nisch bei allen kan­di­die­ren­den Par­tei­en. Denn kaum bin ich am Vor­mit­tag des 24.1. per Bus in Eisen­stadt ange­kom­men, recher­chie­re ich im Inter­net die Tele­fon­num­mern der Par­tei­zen­tra­len und fra­ge nach deren Wahl­kampf­abtak­ten.
Los geht es aber bei den Grü­nen, genau­er genom­men am Frei­tag­vor­mit­tag in der Fuß­gän­ger­zo­ne von Eisen­stadt. Dies­mal ist “el jefe” (spa­nisch: der Chef, Spitz­na­me von Wer­ner Kog­ler) per­sön­lich gekom­men, der Bun­des­spre­cher und mitt­ler­wei­le Vize­kanz­ler der Repu­blik Öster­reich, Wer­ner Kog­ler aus Hart­berg. Er spricht zusam­men mit Regi­na Petrik und bekommt eine Manga­litzasem­mel ange­bo­ten von einem Markt­händ­ler vor Ort. Spon­tan und ohne Vor­be­rei­tung. Da darf ein Grü­ner Vize­kanz­ler, der ers­te Grü­ne Vize­kanz­ler in der Geschich­te der Repu­blik Öster­reich, ein­fach nicht Nein sagen. Dann geht es noch mit Regi­na Petrik durch ein paar Nach­hal­tig­keits­lä­den für das eige­ne Pro­mo­tion­vi­deo. Und dann macht Herr Kog­ler auch schon wie­der die Flie­ge und auch ich ver­ab­schie­de mich an die­sem trü­ben Frei­tag­mit­tag von den Grü­nen bis zum Sonn­tag.
Nächs­te Sta­ti­on ist Rohr­bach bei Mat­ters­burg am Frei­tag­abend. Was noch nie­mand zu die­sem Zeit­punkt weiß: Hier fei­ert die spä­te­re abso­lu­te Mehr­heit ihren gro­ßen Abschluss. In einer klei­nen Scheu­ne in einem nichts­sa­gen­den Ort ist alles in Rot getaucht. Das kuli­na­ri­sche Ange­bot lässt auch hier wie bei der ÖVP etwas zu wün­schen übrig, denn es gibt nur Schnit­zel­sem­mel ohne Ende, wenn auch nor­mal groß. Doch die Kuli­na­rik ist nicht das Haupt­the­ma an die­sem Abend. Viel­mehr ist es der rote Lan­des­haupt­mann Hans-Peter Dosko­zil. In klei­nem Rah­men bit­tet er jene Mäd­chen zu sich nach vor­ne, die mit ihm auf diver­sen Wahl­pla­ka­ten posiert haben. Dann gibt es noch ein Grup­pen­fo­to mit dem gesam­ten Land­tags­team, dar­un­ter auch die über­aus foto­ge­nen Lan­des­rä­tin­nen Astrid Eisen­kopf (die spä­te­re Lan­des­haupt­mann-Stell­ver­tre­te­rin) und Danie­la Wink­ler. Nie­mand spricht hier von einer Abso­lu­ten, nie­mand denkt an so etwas. Der Lan­des­haupt­mann spricht dezent und mit kla­rer Stim­me. Aber man merkt sei­ne Stimm­band-OP noch deut­lich. Die Stim­mung ist gut und die feh­len­de Über­heb­lich­keit, die Boden­stän­dig­keit und Beschei­den­heit, Stich­wort Min­dest­lohn, soll­te sich am Wahl­tag mit der Abso­lu­ten bezahlt machen. Ich mache noch Fotos mit den Buch­sta­ben „Bur­gen­land pur“, genie­ße mein Gra­tis Pun­ti­ga­mer Bier (das ein­zig Blaue in die­ser Scheu­ne) und dann las­se ich mich von einem Eisen­städ­ter Taxi abho­len. Die Käl­te ist erträg­lich und die Stim­mung ist gut.
Spä­ter, zurück in Eisen­stadt, ent­de­cke ich im NEWS das von der Grü­nen Regi­na Petrik kri­ti­sier­te APA-Pres­se­fo­to von Robert Jäger. Es ist ein Grup­pen­fo­to, ent­stan­den nach der Dis­kus­si­on aller Spit­zen­kan­di­da­tIn­nen. Jedoch, noch bevor alle in Pose sind, wie sie sich gera­de zum Grup­pen­fo­to auf­stel­len und zum Teil noch wild in der Gegend rum­schau­en. Regi­na Petrik hat­te kri­ti­siert, dass die­ses Foto auch in der Pres­se zu sehen war. In NEWS war es jeden­falls auch und am Tag danach soll­te ich es noch­mal ent­de­cken, im Kurier im Restau­rant Hen­ri­ci. Da hat der APA-Foto­graf Robert Jäger wohl mit die­sem Schnapp­schuss einen ech­ten Voll­tref­fer gelan­det!

Doch zurück zur Wahl­kampf­ab­schluss-Tour. Früh­mor­gens vor dem Land­haus, am 25.1., der nächs­te Ter­min. Bei neb­lig-trü­ber Stim­mung ver­sam­meln sich etwa 100 Schlumpfi­nen und Schlümp­fe auf den Stu­fen vor dem bur­gen­län­di­schen Lan­des­par­la­ment. Nein, es ist nicht die FPÖ Bur­gen­land. Aber das hell­blaue Tür­kis der ÖVP und die vie­len Hau­ben (die Schlumpf­hau­ben sind ja eigent­lich weiß und rot) las­sen das Gan­ze wirk­lich far­ben­präch­tig-schlump­fig erschei­nen. Wie schon beim Wahl­kampf­auf­takt am 3.1. ist die frü­he­re ORF-Bur­gen­land-Mit­ar­bei­te­rin und frü­he­re Bur­gen­land-heu­te-Mode­ra­to­rin Natio­nal­rats­ab­ge­ord­ne­te Gaby Schwarz da. Dazu noch der ehe­ma­li­ge Minis­ter Niko­laus Ber­la­ko­vich. Alle war­ten sie auf den Bun­des­kanz­ler. Eine Stun­de fast, erst um 10 Uhr ist er da. Und hier wird ein Unter­schied zum 3.1. deut­lich. Die­sel­be Per­son, der 33-jäh­ri­ge Sebas­ti­an Kurz, tritt ein­mal „nur“ als Bun­des­par­tei­ob­mann auf. Und nun, am 25.1., jedoch als wie­der ange­lob­ter Bun­des­kanz­ler. Der ein­zi­ge durch Miss­trau­ens­vo­tum abge­wähl­te Bun­des­kanz­ler in der Geschich­te der Zwei­ten Repu­blik und auch der ein­zi­ge, der eine zwei­te Amts­zeit als Kanz­ler nach einer Unter­bre­chung begon­nen hat. Wie­der ist er mit Spit­zen­kan­di­dat Tho­mas Stei­ner hier und wie­der heißt es Zuver­sicht und Ren­nen bis zum Schluss.
Ren­nen bis in die Eisen­städ­ter Alt­stadt heißt es für die tür­ki­sen Funk­tio­nä­rin­nen und Funk­tio­nä­re danach. Ich beglei­te sie jedoch nicht. Denn mich zieht es run­ter vom Land­haus, am Bahn­hof vor­bei, über die Eisen­bahn­über­set­zung. Dort ist das Ein­kaufs­zen­trum Eisen­stadt. Unter­wegs erfah­re ich noch, dass der dort für 13 Uhr geplan­te Wahl­kampf­abtakt der NEOS abge­sagt wer­den muss. Doch wegen der NEOS bin ich ohne­hin nicht pri­mär hier. Das „Bünd­nis Lis­te Bur­gen­land“ fei­ert mit Zieh­har­mo­ni­ka und Mikro­fon einen beschei­de­nen Wahl­kampf­abtakt. Man will zu den Men­schen hin und gera­de bei so einem trü­ben Wet­ter fin­det man sie am Sams­tag­vor­mit­tag natür­lich im Ein­kaufs­zen­trum. Auch ande­re Par­tei­en ver­tei­len dort, z. B. die FPÖ oder auch die Grü­nen. Ich spre­che mit dem Spit­zen­kan­di­da­ten Man­fred Köl­ly, und wer­de auch vom ORF Bur­gen­land dabei gefilmt und bin dann am Abend in Bur­gen­land heu­te zu sehen. Obwohl ich gar nicht wahl­be­rech­tigt bin. Ehe­ma­li­ge FPÖ-Funk­tio­nä­re sei­en dabei, und es sei eine Art Kon­troll­par­tei. Ähn­lich wie Peter Pilz also vor der Natio­nal­rats­wahl 2019 im Wahl­kampf immer gemeint hat, mei­ne ich. Der Slo­gan ist auf Kon­trol­le aus­ge­legt und die Anzahl der anwe­sen­den Funk­tio­nä­re ist im ein­stel­li­gen Bereich. Auf­grund der Absa­ge der NEOS genie­ße ich noch ein Mit­tag­essen im Ein­kaufs­zen­trum.
Und dann geht es für mich retour hin­auf nach Eisen­stadt, ins Hotel Vice­dom, Kraft tan­ken für den Wahl­sonn­tag. Der beginnt für mich bei der „fal­schen“ Kir­che, der Berg­kir­che. Denn erst als ich dort bin, kom­me ich drauf, dass die Fran­zis­ka­ner­kir­che doch woan­ders ist. Näm­lich mit­ten in der Stadt. War­um die Fran­zis­ka­ner­kir­che? Ja, dort besucht der Eisen­städ­ter Bür­ger­meis­ter und ÖVP-Spit­zen­kan­di­dat Tho­mas Stei­ner die hei­li­ge Mes­se. Und geht danach, um 10:45 Uhr ca., wäh­len in die Volks­schu­le Bahn­hof­stra­ße. Ich erken­ne ihn wäh­rend des Got­tes­diens­tes, zu dem ich wegen des Aus­flugs zur Berg­kir­che ver­spä­tet erschei­ne. Und auch bei der Stimm­ab­ga­be ver­pas­se ich ihn. Denn im Gegen­satz zu mir bleibt Tho­mas Stei­ner nicht bis zum Ende des Got­tes­diens­tes, son­dern geht gleich nach der Kom­mu­ni­on. Aus die­sem Grund begeg­net er mir auf dem Weg zur Volks­schu­le, aber schon in die ent­ge­gen­ge­setz­te Rich­tung unter­wegs, also nach dem Wahl­gang bereits. Macht nichts, den­ke ich mir.
Und nach zir­ka zwei Stun­den Pau­se mache ich mich auf zur Ener­gie Bur­gen­land etwas abseits von der Alt­stadt, in Rich­tung Osten, St. Geor­gen. Mit Müh und Not fin­de ich das Wahl­lo­kal. Hier kommt, als letz­te der Spit­zen­kan­di­da­tIn­nen, die Grü­ne Regi­na Petrik auf dem Fahr­rad. Sie posiert viel, alles will mehr­fach geprobt sein. Bei die­ser star­ken Medi­en­prä­senz. Das Hin­ein­ge­hen ins Wahl­lo­kal, das Ankom­men. Nur beim Weg­fah­ren gibt es kei­ne zwei­te Pro­be. „Wenn ich mich aufs Rad schwin­ge, fah­re ich wirk­lich weg“, sagt die Grü­ne Num­mer 1 im Bur­gen­land. Und rich­tet sich noch ihr Stirn­band her. Bevor sie dann wirk­lich weg ist. Doch zuvor ist noch die Zuver­sicht und die Hoff­nung auf das dann ver­fehl­te 3. Man­dat sehr groß. Und Petrik bes­ter Stim­mung.
Auch für mich geht die Tour vor der Wahl hier­mit zu Ende. Und nach einer kur­zen Erho­lungs­pau­se geht es um 16 Uhr für mich zur 1. Hoch­rech­nung, ins Lokal „Wald­schwein“ zwei Geh­mi­nu­ten vom Hotel Vice­dom. Hier haben sich die Grü­nen ver­sam­melt, allen vor­an die Klub­ob­frau im Natio­nal­rat Sigi Mau­rer und der Natio­nal­rats­ab­ge­ord­ne­teund ehe­ma­li­gee EU-Par­la­men­ta­ri­er Michel Rei­mon. Die Stim­mung ist zwar kei­ne Trau­er­stim­mung, wie am 15. Okto­ber 2017 im Wie­ner Metro­pol, als 3,8% das Aus im Natio­nal­rat nach über 30 Jah­ren bedeu­tet hat­ten. Doch im Gegen­satz zur Stei­er­mark, Vor­arl­berg oder auch der Natio­nal­rats­wahl im Herbst 2019 ist von Jubeln hier kei­ne Spur. Es ist ein biss­chen Gleich­gül­tig­keit, ein biss­chen Resi­gna­ti­on. Das drit­te Man­dat wur­de ver­fehlt, es bleibt bei zwei. Rela­tiv klein ist hier alles, so wie ja auch Eisen­stadt wesent­lich klei­ner ist als z. B. Wien oder Graz. Als es dun­kel wird, trifft auch Spit­zen­kan­di­da­tin Regi­na Petrik ein. Ein Inter­view, ein Emp­fang bei ihrem Team, ein Grup­pen­fo­to mit dem Kan­di­da­tIn­nen-Team wie am 6.1. auf der Glo­ri­et­te, und dann noch eine klei­ne Fei­er. Dann zie­hen sie von dan­nen und ich habe noch den letz­ten Ter­min: Sel­fie mit Regi­na Petrik. Ich in der Grü­nen Kra­wat­te, wie bei allen wich­ti­gen Grün-Ver­an­stal­tun­gen.
Dann ist auch die Land­tags­wahl im Bur­gen­land 2020 für mich als Poli­tik-Jour­na­lis­ten Geschich­te. Die wich­tigs­ten und über­ra­schends­ten Erkennt­nis­se: Ent­ge­gen dem Bun­des­trend und ent­ge­gen der letz­ten Ergeb­nis­se bei ande­ren Land­tags­wah­len: Nur gerin­ges Plus für Tür­kis, nur noch mini­ma­le­re Zuge­win­ne für Grün, und vor allem Rote Abso­lu­te: Das Bur­gen­land ist anders. Jetzt ist es mal am Dosko-Ziel und wird – wegen des Pro­porz­sys­tems in Nie­der­ös­ter­reich wo ja die ÖVP die Abso­lu­te hat – als ein­zi­ges Bun­des­land Öster­reichs von Lan­des­re­gie­rungs­mit­glie­dern einer ein­zi­gen Par­tei regiert. Mal sehen, an wel­ches Ziel der mit Abso­lu­ter Mehr­heit regie­ren­de Lan­des­haupt­mann Dosko­zil das öst­lichs­te Bun­des­land Öster­reichs füh­ren wird. Spä­tes­tens 2025 wis­sen wir mehr.


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